Einer der wichtigsten Wirkfaktoren von Psychotherapie – egal welcher Schule oder Ausprägung – ist eine gelungene Klienten-Therapeuten Beziehung. Diese Tatsache ist mir auch deshalb so stark bewusst, weil ich meine Doktorarbeit genau zu diesem Thema geschrieben habe. Mir ist sehr daran gelegen, Ihnen in meiner Praxis in Köln eine heilsame und vertrauensvolle Beziehung anbieten zu können, in der Sie sich wohlfühlen und in der Sie genau so angenommen werden, wie Sie sind.
Die von mir in meiner Privatpraxis ausgeübte kognitive Verhaltenstherapie (KVT) gehört zu den vier staatlich anerkannten psychotherapeutischen Richtlinienverfahren und ist wissenschaftlich in ihrer Wirksamkeit sehr gut erforscht und belegt. Die hierbei benutzte Methodik orientiert sich an den persönlichen Ressourcen des Klienten sowie an seinen individuell dazu passenden Handlungsstrategien, um mit beidem zusammen möglichst effektiv die angestrebten Lebensziele zu erreichen.
Als Verhaltenstherapeutin gehe ich davon aus, dass jeder Mensch sich im Laufe seines Lebens sinnvolle Strategien zum Umgang mit anderen Menschen, Situationen und Problemen angeeignet hat. Aus all den komplexen Erfahrungen, Erinnerungen, Emotionen und Gedanken bilden sich dann individuelle Schemata, die das Leben zumeist erleichtern und unsere Persönlichkeit prägen.
Allerdings kann es vorkommen, dass sich einige dieser angelernten Strategien und Schemata mit der Zeit immer mehr als untaugliche Provisorien erweisen, die unnötig viel Kraft kosten, Konflikte erzeugen, und die Lebensqualität ernsthaft und andauernd beeinträchtigen. Ebenso ist es möglich, dass Handlungsstrategien, die unter normalen Umständen ausreichend wären, unter gesteigerten Anforderungen, wie sie aufgrund widriger Lebensumstände entstehen können, einfach nicht mehr genügen. Auch auf diese Weise kann eine ernsthafte und andauernde Beeinträchtigung der Lebensqualität entstehen. In beiden Fällen treten oft leidvolle und krisenhafte Zuspitzungen auf, bei denen offenkundig wird, dass die Devise „Nur weiter so ...“ nicht mehr funktioniert. Es entsteht dann oft der Wunsch nach grundlegender Änderung. Hierzu kann eine Verhaltenstherapie erfolgreich den Weg bahnen.
In den Therapiesitzungen erarbeite ich mit Ihnen lebensnahe Hilfen für einen verbesserten Umgang mit Ihren individuellen Problemfeldern und den dahinter stehenden Schemata. Dabei spielt die gemeinsame Betrachtung Ihrer Lebensgeschichte, die zur Entstehung dieser Schemata beigetragen hat, eine wichtige Rolle. In alltagstauglichen und lebensnahen Übungen lernen Sie, sich neue Perspektiven anzueignen, die als untauglich erkannten „historischen“ Schemata abzuschwächen, und deutlich verbesserte Handlungs- und Bewältigungsstrategien zu entwickeln. So erwerben Sie Schritt für Schritt neue Kompetenzen für eine erfüllende Lebens- und Beziehungsgestaltung. An diesem Punkt möchte ich nicht verschweigen, dass dieser gezielte Lern- und Übungsprozess – wie immer, wenn im Leben Wesentliches angepackt werden soll – einiges an Arbeit erfordert. Diese Arbeit ist jedoch sehr gewinnbringend und kann oft durchaus vergnüglich und humorvoll gestaltet werden.
Als wissenschaftlich fundierte Methode ist die Verhaltenstherapie kein abgeschlossenes statisches Gebilde, sondern unterliegt einem permanenten fachlichen Diskurs. Dieser lebhafte Prozess hat in den letzten Jahrzehnten zu wesentlichen Erweiterungen geführt, die oft unter dem Begriff „Dritte Welle der Verhaltenstherapie“ zusammengefasst werden. Hierzu gehören spezielle Therapieformen, wie zum Beispiel die Schematherapie, die Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT) oder die emotionsfokussierte Therapie (EFT), welche ich selbstverständlich nach dem neuesten Stand der Forschung mit in Ihre Therapie integriere.
Zu Ihrer Orientierung finden Sie im Folgenden eine Liste von häufig auftretenden Störungen, die mit einer Verhaltenstherapie sehr gut behandelt werden können. Zu den meisten der hier angeführten Stichpunkte finden Sie weitere Informationen am Ende der Seite unter der Rubrik „Wissenswertes“. Falls Sie Ihre Problematik hier nicht finden können, lohnt es sich trotzdem, mich zu kontaktieren.
Ebenfalls begleite ich Sie als Klient, wenn Sie nach längerem oder auch wiederholtem Klinikaufenthalt eine weiterführende ambulante Psychotherapie zur Stabilisierung und Ausweitung Ihres Heilungsprozesses benötigen.
Dies trifft insbesondere zu im Falle
sofern Sie durch einen mitbehandelnden Arzt medikamentös gut eingestellt sind.
Ich weise darauf hin, dass ich bei Klienten mit substanzbezogenen Suchtproblemen (Alkohol/Drogen) erst nach einem nachweislich erfolgten körperlichen Entzug tätig werden kann.
Sie können sich telefonisch oder per E-Mail bei mir melden, um ein Erstgespräch zu vereinbaren. Falls Sie mich nicht direkt erreichen (Anrufbeantworter), melde ich mich in der Regel innerhalb eines Werktages bei Ihnen zurück. Meist kann ich Ihnen dann schon einen Termin innerhalb weniger Tage anbieten. Dieses Erstgespräch ist für Sie kostenlos und völlig unverbindlich. Es erstreckt sich über etwa 25 Minuten und dient dazu, ein allererstes Kennenlernen zu ermöglichen, und dabei Ihr Anliegen und die grundsätzlichen Lösungsmöglichkeiten zu besprechen. Hierbei wird auch geklärt, ob eine Psychotherapie eine sinnvolle Option für Ihr Anliegen ist. Für das Erstgespräch – und auch für eine evtl. anschließende Therapie – brauchen Sie keine Überweisung vom Arzt.
Sollten Sie sich für eine weitere Zusammenarbeit entscheiden, beginnt dann die sogenannte probatorische Phase, für die maximal fünf Sitzungen vorgesehen sind. In den probatorischen Sitzungen geht es darum, sich gegenseitig besser kennenzulernen, ein vertrauensvolles Arbeitsbündnis zu schaffen, Ihr Anliegen und Ihre Ziele im Detail zu erörtern und anhand spezifischer diagnostischer Verfahren einen individuellen Behandlungsplan zu erstellen. Dabei lege ich großen Wert auf Offenheit und Transparenz, damit Sie alle Schritte einer anstehenden Therapie genau nachvollziehen können. Sie werden ausreichend Gelegenheit bekommen, offene Fragen zu klären und etwaige Zweifel anzusprechen. Während dieser probatorischen Sitzungen – und vor allem auch in den Tagen dazwischen – können Sie in Ruhe ergründen, ob Sie sich bei mir gut aufgehoben fühlen und ob Sie sich eine Therapie bei mir vorstellen können.
Wenn Sie sich nach der Probatorik dazu entscheiden sollten, eine Verhaltenstherapie bei mir machen zu wollen, können wir relativ zügig damit beginnen. Einige Versicherungen verlangen vor dem eigentlichen Therapiebeginn von mir einen kurzen Bericht über Diagnose und Behandlungsplan, der durch einen schweigepflichtigen Gutachter oder vom medizinischen Dienst geprüft wird. In den danach üblicherweise einmal pro Woche stattfindenden Sitzungen ergründen und bearbeiten wir dann Ihre individuellen Schemata, entwickeln gemeinsam neue Handlungstrategien und beziehen dabei laufend die neu gewonnenen Erfahrungen aus Ihrem Alltag ein.
Bezüglich der Dauer einer Verhaltenstherapie lässt sich keine allgemeingültige Aussage treffen, da die Dauer von der Art des psychischen Problems, von dem durch die Krankenversicherung bewilligten Stundenkontingent, von den vereinbarten Sitzungsintervallen, und natürlich auch vom individuellen Therapiefortschritt abhängt. Ist letzterer beispielsweise noch nicht im gewünschten Maße eingetreten, besteht die Möglichkeit, eine Verlängerung des Stundenkontingents zu beantragen. Umgekehrt kann es ebenso vorkommen, dass Klienten das Therapieziel deutlich schneller als ursprünglich angenommen erreichen. Häufig werden am Ende einer Therapie die Sitzungsintervalle ausgedehnt, um einen reibungslosen Übergang ins Alltagsleben zu gewährleisten.
Es ist für Berufstätige oft kaum möglich, regelmäßig wiederkehrende psychotherapeutische Gesprächstermine während „normaler“ Öffnungszeiten wahrzunehmen. Deshalb biete ich in meiner Praxis in Köln-Rodenkirchen auch Therapie-Termine am Abend an.
Der folgende Abschnitt ist zur einfachen Information und Orientierung über einige häufig anzutreffende Störungsbilder gedacht. Der Text ersetzt keine wissenschaftliche Abhandlung und ist auch nicht als solche gemeint. Wissenschaftliche Zitate, sowie das Gebot nach Vollständigkeit und Präzision, würden den Text unnötig aufblähen und unattraktiv machen. Ich habe mich entschieden, hier etwas Verständliches und Brauchbares für Jedermann anzubieten. Hoffentlich ist mir das einigermaßen gelungen. Stupsen Sie mit dem Mauszeiger einen der Würfel an und klicken Sie dann auf das gewünschte Thema:
Angststörungen zählen neben Depressionen zu den häufigsten psychischen Problemen, nicht nur in Deutschland, sondern europa- und weltweit. Sie stehen also mit Ihrem Problem keineswegs alleine da!
Ängste können überaus vielfältig sein: Es gibt spezifische Ängste, wie z. B. die Angst vor Tieren wie Spinnen oder Schlangen. Zu den spezifischen Ängsten gehören auch Ängste vor bestimmten Umgebungssituationen wie großer Höhe, Brücken, Tunneln oder Aufzügen. Ebenso verbreitet sind Ängste vor Gewittern oder Starkregen, insbesondere wenn man im Auto sitzt oder alleine ist, genauso wie Ängste vor (Zahn-) Arztbesuchen, Blut oder Spritzen. Viele Menschen haben auch Angst, von anderen Menschen negativ beurteilt zu werden und trauen sich nicht, Kontakte zu knüpfen oder öffentlich zu sprechen (soziale Phobien). Andere wiederum fühlen sich in großen Menschenmengen oder auf öffentlichen Plätzen sehr unwohl und reisen nicht gerne über längere Strecken alleine (Agoraphobie). Und es gibt Ängste, die thematisch sehr umfassend sind (generalisierte Ängste) und sich auf das Leben als ganzes beziehen: Jemand aus meiner Familie könnte einen Unfall haben, ich könnte eine schlimme Krankheit haben, verliere ich womöglich bald meinen Job?
Zuerst einmal eine wichtige Einsicht: Angst gehört zu den elementaren Grundempfindungen des Menschen, so wie Liebe, Freude oder Wut. Angst an sich ist ganz natürlich und sogar notwendig. Schließlich hat Angst das Überleben der Spezies Mensch, aber auch der Tiere, gesichert. Zum Beispiel hat eine Maus „von Natur aus“ Angst vor Schlangen; hätte sie diese nicht, gäbe es keine Mäuse mehr. Und bei uns Menschen ist das nicht anders: Hätten Herr und Frau Neandertaler keine Angst vor dem Säbelzahntiger gehabt – der Mensch hätte nicht überlebt.
Leider kann die körperliche Empfindung von Angst je nach Intensität ziemlich unangenehm sein: Wenn einem die sprichwörtliche „Muffe geht“ können Herzklopfen, Schweißausbrüche, Atemnot, Beklemmungsgefühle, Schwindel, Magenbeschwerden und „weiche Knie“ auftreten (Näheres dazu unter Panikstörung). Dabei sind all diese körperlichen Sensationen Teil des Schutzsystems unseres Körpers: Bei Gefahr springt das autonome sympathische Nervensystem an, das nach dem Prinzip „kämpfe oder fliehe“ funktioniert. Wie der Name schon sagt, ist dieses System autonom, also selbstgesteuert und funktioniert heute noch so wie zu Zeiten des Säbelzahntigers. Auch in der modernen Zeit ist dieses System immer noch hilfreich und notwendig. So können wir beispielsweise gefährliche Verkehrssituationen schnell erkennen und blitzschnell reagieren, oder bei einem Überfall schnell weglaufen. Also ist Angst – nach wie vor – ein wichtiger Mechanismus, der für unser Leben essentiell ist.
Menschen mit Angststörungen haben mehr „Angst vor der Angst“ als vor der tatsächlichen Situation oder dem Objekt selbst, weil das Erleben des Angstgefühls subjektiv oft schwer auszuhalten ist. Viele fangen dann an, die Situationen, in denen sie das Auftreten dieses Gefühls befürchten, zu vermeiden. Hierbei handelt es sich um eine sehr verständliche und häufig anzutreffende Strategie. Wenn wir angstbesetzte Situationen vermeiden, brauchen wir keine Angst auszuhalten und es geht uns erst einmal gut. Wer z.B. Flugangst hat und einfach keine Flugreisen macht, erspart sich das damit verbundene Angsterleben. Erst, wenn es keinen Ausweg mehr gibt und wir gezwungen sind, uns mit den angstbesetzten Situationen oder Objekten zu konfrontieren, wird das Ganze zum Problem. Dies ist auch der Grund, warum viele meiner Klienten erst relativ spät eine Therapie aufsuchen. Neben dem Vermeiden ist eine weitere, häufig angewandte Strategie gegen Ängste der Versuch, die Ängste kontrollieren zu wollen (dazu mehr unter Zwangsstörungen).
Das Gute: Angststörungen lassen sich mit einer Psychotherapie, insbesondere mit einer Verhaltenstherapie, sehr gut behandeln. Das Ziel einer Therapie ist es nicht, völlig angstfrei zu werden (das gibt es bei niemanden!), sondern seine Ängste so weit zu beherrschen, dass sie einen nicht mehr bestimmen. Zunächst ist es wichtig, zu identifizieren, welche Ängste und Vermeidungsstrategien das Leben überhaupt ernsthaft einschränken. Wir alle folgen mehr oder weniger bewusst kleineren Vermeidungsstrategien, was nicht grundsätzlich schlecht sein muss. Deren Schädlichkeit hängt sehr stark von der Situation und dem individuellen Kontext ab. Hierzu ein Beispiel: Wohnt jemand im Erdgeschoss, ist Höhenangst wahrscheinlich kein großes Problem. Erhält dieselbe Person einen neuen Arbeitsplatz in einem Bürohochhaus, bekommt die Höhenangst jedoch eine entscheidende Bedeutung. Ohne hier auf die eigentliche Therapie einzugehen, lässt sich sagen, dass die Therapie von Ängsten oftmals ein längerer Prozess ist. Dieser Prozess ist für Klienten durch das schrittweise Weglassen von Vermeidungsstrategien gerade zu Beginn nicht immer angenehm. Bleibt man jedoch am Ball, stellen sich dann mit schöner Regelmäßigkeit bemerkenswerte Erfolge bei der Überwindung der Angststörung ein. Mit meiner therapeutischen Tätigkeit habe ich schon vielen Klienten dabei geholfen, mit ihren Ängsten fertig zu werden und ihr Leben wieder genießen zu können.
Statistisch gesehen erlebt jeder Mensch in seinem Leben einmal eine Panikattacke. Dieses Phänomen ist also vielen bekannt und man kann sich denken, dass auch Panikstörungen, bei denen Panikattacken in einem bestimmten Zeitraum gehäuft auftreten, nichts wirklich Seltenes sind. Sie sind mit Ihrem Problem also in guter Gesellschaft!
Da es möglich ist, dass eine Panikattacke körperliche Ursachen hat, möchte ich gleich zu Anfang bemerken, dass nach dem Auftreten von Panikattacken zuerst einmal eine ärztliche Abklärung ratsam ist. Sollten körperliche Ursachen vorliegen, ist eine entsprechende medizinische Behandlung das einzig Richtige, eine Psychotherapie wird dann natürlich nicht gebraucht. Ich gehe hier jedoch vom weitaus häufigeren Fall aus, dass Ihr Arzt rein gar nichts Auffälliges finden kann.
Eine Panikattacke ist zunächst eine körperliche Reaktion des sympathischen vegetativen Nervensystems (auch als autonomes Nervensystem bezeichnet). Die damit einhergehenden Empfindungen sind extrem und beinhalten eines oder mehrere der folgenden Phänomene: Herzrasen, Herzstolpern, Beklemmung im Brustbereich, Schweißausbrüche, Zittern, Mundtrockenheit, Atemnot, Hyperventilation, Schwindel, Schwächegefühl, Benommenheit, Übelkeit, Hitzewallungen oder Kälteschauer, Gefühllosigkeit oder Kribbeln in den Gliedmaßen und vieles mehr. Neben diesen rein körperlichen Sensationen können auch noch Wahrnehmungsveränderungen auftreten, wie z. B. Depersonalisation (ich nehme mich als fremd wahr) oder Derealisation (ich nehme die Umgebung als fremd wahr). Hinzu kommen extreme Ängste, wie die Angst vor Kontrollverlust, die Angst „verrückt zu werden“, die Angst davor, peinlich aufzufallen, bis hin zur Angst, auf der Stelle zu sterben. Alle diese Wahrnehmungen sind aufs Äußerste unangenehm und beängstigend. Unsere Reaktion darauf ist: So was will ich nie wieder erleben!
In einigen Fällen lassen sich im Nachhinein unterstützende äußere Umstände für eine Panikattacke festmachen. Dies kann beispielsweise ein Zuviel an Koffein sein, oder ein Zuwenig an Nahrung. Es kann aber auch eine konkrete Situation auslösend wirken: Sie stehen im heißen Sommer im Supermarkt zu lange neben der Kühltruhe in der Schlange und können nicht weg; Sie kommen in eine völlig überfüllte U-Bahn, in der man „kaum Luft zum Atmen“ hat; Sie sind im Aufzug mit vielen Menschen oder auch ganz alleine und es dauert scheinbar ewig, bis es weiter geht; Sie sitzen im Flugzeug und es „rumpelt“ plötzlich wegen starker Turbulenzen; Sie schwimmen alleine aufs Meer hinaus und denken: „Was ist, wenn ich es nicht mehr zurück schaffe?“ Sie sind in der Stadt unterwegs und denken „Was ist, wenn ich es nicht rechtzeitig auf eine Toilette schaffe?“ Eine erste Panikattacke kann allerdings auch zuhause auf dem Sofa auftreten, wobei subjektiv kein Auslöser zu finden ist. Häufig liegt es dann jedoch an vorangegangenem Dauerstress oder an schon lange andauernden emotionalen Belastungen.
Eine einzelne Panikattacke ist aber noch keine Panikstörung! Dazu bedarf es eines wiederholten Auftretens von Panikattacken, so dass das Leben davon maßgeblich negativ beeinflusst wird. Im Falle einer Panikstörung dreht sich das Denken zeitweise ausschließlich um die Angst vor Panikattacken und die Möglichkeiten, diese zu vermeiden oder zu verhindern. Charakteristisch hierbei ist ein positiver Feedback- oder Aufschaukelungsprozess, der damit beginnt, dass man schon ängstlich und angespannt auf Körperzeichen achtet, die eine Panikattacke ankündigen könnten. Mit diesem Tunnelblick behaftet, wird es dann garantiert nicht lange dauern, bis man dann tatsächlich ein verdächtiges Zeichen wahrnimmt, was wiederum die Anspannung und die Angst steigert, und so „geigt“ man sich dann Stück für Stück weiter in einen Teufelskreis mit den beschriebenen Auswirkungen hinein. Zur Entlastung sei gesagt, dass dies natürlich nicht mit Wissen oder Absicht passiert, sondern auf dem „kämpfe-oder-fliehe“-Automatismus unseres vegetativen Nervensystems beruht (siehe hierzu auch die Erläuterungen zu Angststörungen).
Menschen gehen mit den Erfahrungen einer ersten Panikattacke ganz unterschiedlich um. Einige stecken die Erfahrung einfach weg, nach dem Motto „Puh, das war jetzt aber unangenehm!“ Andere fangen an, die Situationen, in denen sie eine Panikattacke befürchten, zu vermeiden. Die angstbesetzten Situationen können sich immer weiter ausbreiten: wird anfangs nur der Bus gemieden, ist es dann der Einkauf, und danach das gesamte Leben außerhalb der eigenen vier Wände, was sich dann Agoraphobie nennt (griechisch Agora – der Marktplatz, an dem das öffentliche Leben stattfand). Wieder andere Menschen entwickeln danach eine Krankheitsangst bezüglich ihres Herzens. Sie fühlen immer wieder nach, ob es regelmäßig oder überhaupt noch schlägt (sog. Herzangst, „Herzneurose“, Cardiophobie). Andere meiden einfach nur genau die Situation, in der sie einmal eine Panikattacke erlebt haben, wie z. B. Prüfungen.
Das Gute: Bei einer Panikattacke werden Sie nicht ohnmächtig! Das hat unser vegetatives Nervensystem so eingerichtet. Das sympathische System ist voll angeworfen und der Körper pumpt auf Hochtouren. Und da sind wir wieder bei der Flucht vor dem Säbelzahntiger der Steinzeit (siehe Angststörung). Wären Frau und Herr Neandertaler ohnmächtig geworden, wäre die Menschheit ausgestorben. Übrigens verhält es sich ebenso mit dem Gefühl, unbedingt eine Toilette aufsuchen zu müssen. Läuft das sympathische autonome Nervensystem auf Hochtouren, hält die Blase still. Der Mensch hätte nicht überlebt, wenn er auf der Flucht vor Gefahr mal eben hinter den Baum gemusst hätte.
Noch besser: Sollten Sie aufgrund einer Panikattacke eine Panikstörung, eine Agoraphobie, eine Herzangst oder andere Ängste entwickelt haben, dann kann Ihnen eine Verhaltenstherapie in der Regel sehr gut und meist auch schnell weiter helfen. Die Dauer einer Therapie hängt natürlich vom Einzelfall ab, unter anderem davon, was genau das Problem ist, wie lange das Problem schon besteht, und natürlich auch wie groß die Bereitschaft zur Mitarbeit ist. Ein typisches Beispiel aus der Praxis: Eine Klientin hatte eine Panikattacke im Supermarkt, ging daraufhin nicht mehr einkaufen, ging dann höchstens 100 Meter vom Haus weg und hat im weiteren Verlauf das Haus gar nicht mehr verlassen. Nach nur 15 Therapiestunden konnte ich die Klientin wieder zurück in ihr Leben bringen, sie geht wieder problemlos einkaufen, alles ist wieder „normal“. Es kann aber auch sein, dass der Behandlungsprozess länger als im geschilderten Fall braucht, insbesondere wenn lebensgeschichtliche Ereignisse die aktuelle Problematik begünstigen, was natürlich ebenfalls Eingang in die Therapie findet.
Zwänge, bzw. Zwangshandlungen, sind neben dem Vermeidungsverhalten ein weiterer Versuch, Ängste in den Griff zu bekommen. Lässt sich das unangenehme Gefühl der Angst nicht mehr vermeiden, da diese entweder einen nicht greifbaren Ursprung hat oder eine Konfrontation unausweichlich scheint, wird der Versuch unternommen, das Gefühl der Angst unter Kontrolle zu bringen und dadurch zu reduzieren. Zu Beginn gelingt dies häufig durch eine erleichternde Handlung, allerdings lässt der erleichternde Effekt mit der Zeit nach, so dass die Angst wieder zurückkehrt und die gleiche Handlung immer wieder erneut vollzogen werden muss.
Es gibt unterschiedliche Zwänge, die der Unterdrückung von Ängsten dienen: Hat jemand Angst, durch seine eigene Unzulänglichkeit eine Katastrophe heraufzubeschwören, können sich Kontrollzwänge entwickeln: Die Haustür oder das Auto könnten nicht abgeschlossen sein, der Herd ist möglicherweise noch an, das Licht ist vielleicht nicht aus, der Wasserhahn tropft ... Natürlich ist es ratsam, nachzusehen, ob alles seine Ordnung hat, bevor wir das Haus verlassen. Wenn allerdings der Weg zurück zur Tür dazu führt, dass jemand nicht mehr vom Haus wegkommt oder das Kontrollieren von Türen, Fenstern, Herd, Wasserhähnen, etc. dazu führt, dass jemand nachts mehrfach aufstehen muss und nicht mehr schlafen kann, dann wird es zum Problem.
Es gibt auch Zwangshandlungen, die kaum noch einen Realitätsbezug haben. Dahinter liegen meist generelle Ängste, wie z. B. die Befürchtung, etwas immer nur falsch zu machen oder nicht gut genug zu sein. In der Folge wird versucht, diese Ängste durch „magische Kontrolle“ in den Griff zu bekommen. In diesen Fällen stellen sich z. B. Ordnungszwänge ein, also beispielsweise das dringende Bedürfnis, Stifte und Papiere symmetrisch und parallel ausgerichtet auf einem Schreibtisch anzuordnen, oder es werden Wiederholungs- oder Zählrituale durchgeführt: Nur wenn ein Gebet dreimal gesprochen wird, ist es gut; nur wenn man die Treppe viermal rauf und runter gegangen ist, dann ist es gut. Grundsätzlich findet man bei vielen Menschen mehr oder weniger ausgeprägtes „magisches Denken“: Unter einer Leiter durchgehen bringt Unglück, eine schwarze Katze ebenso. Und wer hatte nicht schon mal den Gedanken: Es regnet immer, wenn ich meinen Schirm zuhause vergessen habe :-). Natürlich wissen wir, dass der Gedanke falsch ist, er stellt sich aber manchmal dennoch ein. Der Vollständigkeit halber seien hier auch noch reine Zwangsgedanken erwähnt, die unangenehm, peinlich, oder auch höchst beängstigend sein können, und die sich den Betroffenen scheinbar ungefragt mit Macht „aufzwängen“ können.
Eine Zwangsstörung ist ein sich selbst aufrechterhaltender Mechanismus aus Zwangshandlungen, der die Lebensführung massiv beeinträchtigt. Hierzu ein anschauliches Beispiel: Die Person A hat die Befürchtung, sie könnte vergessen haben, die Wohnungstür abzuschließen. Deshalb geht A nochmal zurück und steckt den Schlüssel erneut in die Tür, schließt zu, und geht wieder. Die Angst ist jetzt reduziert und A macht sich beruhigt auf den Weg zur Arbeit. An der Bahnhaltestelle beginnt A allerdings erneut zu zweifeln: „Habe ich wirklich abgeschlossen?“ Daraufhin geht A zurück nach Hause, steckt wieder den Schlüssel in das Schloss, dreht ihn zur Sicherheit jetzt gleich dreimal hin und her, und geht dann wieder zur Bahn. Leider ist die Bahn nun schon abgefahren, die Anspannung wird für A beinahe unerträglich, der geplante Tagesablauf ist kaum noch bewältigen, Chaos droht auszubrechen. Eine solche Situation ist paradox und emotional extrem belastend, weil das ursprüngliche Sicherheits- und Ordnungsbedürfnis genau zum Gegenteil, nämlich zu Kontrollverlust und drohendem Chaos, geführt hat. Hier steht am Anfang ein Angstgedanke, dieser wird durch eine Handlung reduziert, die zunächst auch wirkt. Allerdings werden die Erleichterungsgefühle immer geringer und zeitlich kürzer, so dass mit neuen Zwangshandlungen „nachgebessert“ werden muss. Hinzu kommt die zusätzliche Unsicherheit der Betroffenen, ob sie die vermeintlich rettenden Rituale auch wirklich „korrekt“ ausgeführt haben. Die Folge ist ein hoher Zeitaufwand gepaart mit einer permanenten Anspannung, welche schließlich kaum mehr zufriedenstellend gesenkt werden kann. Auch wenn die ausgeführten Rituale als „unsinnig“ oder „übertrieben“ erkannt werden, müssen sie dennoch weiter durchgeführt werden.
Viele Zwangshandlungen haben zu Beginn oft einen durchaus logischen und nachvollziehbaren Hintergrund. Dies sei an einem weiteren Beispiel, diesmal Person B, gezeigt: Die Person B hat sich, so ihre Vermutung, im Bus mit einem Grippevirus angesteckt. Da B aber mit dem Bus zur Arbeit fahren muss, kann B die Situation nicht vermeiden. Also wäscht B sich nach jeder Busfahrt sofort zuhause die Hände. Natürlich ist B vorausschauend und tut dies auch generell, wenn sie im öffentlichen Raum, z. B. im Supermarkt, war. Dieses Verhalten ist vernünftig, und wird sogar empfohlen, da Viren tatsächlich über die Hände am ehesten übertragen werden. B beginnt dann allerdings, sich nicht nur einmal die Hände zu waschen, sondern lieber gleich zweimal („Doppelt hält besser!“). Zusätzlich stellt sich bei B eine generelle Angst ein, ernsthaft erkranken zu können (Hypochondrie) und B denkt „Was, wenn ich die Viren schon früher in die Wohnung geschleppt habe?“ Also beginnt B sich nun bei vielerlei zusätzlichen Gelegenheiten die Hände zu waschen, z. B. jedes Mal, wenn B in der Wohnung etwas angefasst hat. B kommt überdies auf die Idee, die Wohnung ständig zu saugen („Es könnte ja was an den Schuhen gewesen sein.“) und mit Desinfektionsmitteln zu reinigen („Sicher ist sicher!“). Schließlich entwickelt B einen Zwang, alles, was mit der Befürchtung von Verunreinigung und Krankheit zu tun hat, perfektionistisch unter Kontrolle bringen zu wollen. Diese Kontrollen nehmen jedoch immer mehr Zeit in Anspruch und bei B keimt die Vermutung, dass die Handlungen wohl übertrieben sein könnten. Aber B kann nichts mehr dagegen unternehmen! Lässt B die Handlungen weg, kommt sofort das körperlich unangenehme Gefühl von Anspannung und Angst zurück, was für B kaum auszuhalten ist. B hat einen Wasch- und Reinigungszwang entwickelt.
Zwangsstörungen werden oft als sehr schwer therapierbar beschrieben. Das ist in zwei Punkten tatsächlich richtig. Zum einen haben Personen mit Zwangsstörungen meist schon eine sehr lange „Karriere“ hinter sich, in der sie mit ihren Handlungen ihre Ängste immerhin teilweise erfolgreich bekämpfen konnten. Und wir Menschen lassen uns nur sehr ungerne von eingeübten und (vermeintlich) erfolgreichen Strategien abbringen! Zum anderen ist es, wie auch bei den Angststörungen schon beschrieben, in der Therapie zunächst so, dass das körperliche Gefühl der Angst erst einmal zunimmt weil die erprobten Rituale aufgegeben werden und Unerprobtes an dessen Stelle tritt.
Die gute Nachricht: Ich habe mit meiner therapeutischen Tätigkeit schon vielen Klienten/innen mit Zwangsstörungen sehr erfolgreich helfen können! Wie bei der Angst geht es darum, ein normales Maß der Dinge zu finden: Nachzusehen, ob Sie die Tür oder das Auto abgeschlossen haben, ist richtig! Sich die Hände zu waschen, wenn Sie vorher im Bus oder im Supermarkt unterwegs waren, ist ebenfalls richtig! Bei der Behandlung geht es darum, dass wir die meist unbewussten Ursachen und die Auslöser der Zwänge finden und dann gemeinsam einen abgestuften Plan entwickeln, nach dem Sie die Zwänge auf das oben genannte Normalmaß reduzieren können, so dass Sie in Ihrem Alltag dadurch nicht mehr eingeschränkt sind.
Was viele nicht wissen: Eine Depression – in der Fachsprache depressive Episode genannt – ist bei 98% der Menschen keine ursächlich organische Erkrankung! Die restlichen 2% gehen größtenteils auf eine bipolare Störung (auch manisch-depressive Störung genannt) oder eine Schizophrenie zurück. In den meisten Fällen hat eine Depression (1) tieferliegende psychische Ursachen, (2) einen konkreten Auslöser, und darauffolgend (3) eine typische Symptomatik. Diese typische Symptomatik wird als Depression bezeichnet. Depression bezeichnet also den Zustand des Niedergedrückt-Seins (aus dem Lateinischen „deprimere“ = niederdrücken) als Ergebnis einer Kette von Ereignissen und ist keine Bezeichnung einer körperlichen Krankheit.
Die angesprochenen typischen Symptome lassen sich folgendermaßen beschreiben: Gedrückte Stimmung seit vielen Wochen; kein Interesse mehr an Dingen, die früher Freude bereitet haben (Hobbys, Musik, Leute treffen); kaum noch Antrieb, etwas zu unternehmen und schnelle Ermüdung; oftmals morgendliches Stimmungstief. Dies sind erste Anzeichen dafür, dass man sich möglicherweise in einer depressiven Episode befindet.
Weitere Symptome, die sich einstellen können: Schlafstörungen, oft mit Grübeln in der Nacht; verminderte Konzentrations- und Aufmerksamkeitsfähigkeit; negative Zukunftsgedanken, wie z. B. „Ich krieg das nicht in den Griff und dann geht sowieso alles den Bach runter“; vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen; starke Schuldgefühle und Gefühle der Wertlosigkeit; das Gefühl, anderen zur Last zu fallen; oft gesenkter Appetit mit Gewichtsverlust; Hoffnungslosigkeit oder sogar Suizidgedanken.
Körperliche Beschwerden stellen sich in diesen Phasen ebenfalls ein: Ein ständiger Schlafmangel führt zu erhöhten Werten des Stresshormons Cortisol, das zwar kurzfristig zu erhöhter Konzentration führt, langfristig aber zu Konzentrationsproblemen. Ebenso führt die Antriebslosigkeit zu mangelnder körperlicher Betätigung, was wiederum Auswirkung auf unseren Gehirnstoffwechsel und das Immunsystem hat. Diese starken und zweifellos messbaren körperlichen Symptome sind jedoch eine Folge des Verhaltens und nicht dessen Ursache.
Zusätzlich kommt die sogenannte Spirale der Depression zur Wirkung, indem immer mehr positive Verstärker wegfallen. Durch geringe Aktivität und sozialen Rückzug nimmt der subjektive Eindruck der persönlichen Unzulänglichkeit weiter zu. Viele Klienten berichten über Gedanken wie: „So bin ich nicht und so will und soll mich auch keiner mehr sehen!“ oder „Ach, jetzt lohnt es sich nicht mehr rauszugehen.“ Positive Rückmeldungen aus dem Freundes- oder auch Kollegenkreis fallen damit zusehends weg.
Zusammengefasst ist eine Depression vorrangig ein Zusammenspiel aus negativen Gedanken und geringer Aktivität, ausgelöst durch negative Ereignisse, die der Betroffene erlebt hat. Diese Auslöser können privater Natur sein, wie z. B. Beziehungsüberforderungen, Trennungen, Krankheiten oder der Tod von lieben Angehörigen. Ebenso gibt es Auslöser beruflichen Ursprungs, wie z. B. Mobbing, Überforderung, Jobverlust oder -unzufriedenheit. Die tieferliegenden Ursachen, warum ein Mensch in diese Spirale gerät und ein anderer Mensch nicht, also resilient ist, liegen größtenteils in der individuellen Entwicklungsgeschichte. Aufgrund der beschriebenen Abfolge von (1) Ursachen, (2) Auslöser und (3) nachfolgenden Symptomen wird eine Depression in Fachkreisen als „depressive Episode“ bezeichnet, da grundsätzlich davon ausgegangen wird, dass die damit verbundenen Symptome behandelbar und damit auch wieder vorbei sein werden.
Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass die kognitive Verhaltenstherapie das effektivste psychotherapeutische Verfahren zur Behandlung einer depressiven Episode ist. Die kognitive Verhaltenstherapie setzt dabei gezielt bei den zwei Hauptkomponenten der depressiven Symptomatik an: bei den Gedanken (Kognition), durch gedankliches Umlernen, und beim Verhalten durch Ermutigung zu Aktivitäten wie Sport und sozialen Kontakten. In meiner Praxis habe ich schon sehr vielen Klienten geholfen, ihre depressiven Episoden zu überwinden und wieder ein lebenswertes Leben zu führen. Oft war der Kommentar am Ende der Therapie: „Ich habe anfangs nicht geglaubt, dass es mir hilft und etwas nützt... aber jetzt geht es mir gut. Vielen, vielen Dank!“
Anmerkung zur Wirksamkeit von Antidepressiva
Häufig besteht die Idee, Depressionen auf Symptomebene mittels Medikamenten, sogenannten Antidepressiva, heilen zu können. Moderne Antidepressiva erlauben es, Symptome wie Schlafstörungen oder Antriebsschwäche teilweise zu reduzieren. Allerdings sollte man bedenken, dass auch Nebenwirkungen eintreten können, da diese Medikamente direkt auf den Gehirnstoffwechsel (Neurotransmitter) einwirken. Ebenso kann es beim Absetzen zu komplexen Entzugserscheinungen kommen. Ob Antidepressiva überhaupt wirksam sind, ist in den letzten Jahren mehr und mehr umstritten. Diese helfen je nach Studie nur maximal 30% der Betroffenen, wobei es auch noch zu berücksichtigen gilt, dass Studien, die überhaupt keine Wirksamkeit nachweisen können, häufig gar nicht erst veröffentlicht werden. Weitere Artikel zum Thema Wirksamkeit von Antidepressiva finden Sie z. B. auf quarks.de und im Kölner Stadtanzeiger. Zum Thema „Helfen Antidepressiva?“ gibt es mittlerweile eine äußerst informative und aufschlussreiche Fernsehdokumentation des Ersten. Die wissenschaftlichen Belege, dass Antidepressiva kaum wirksamer als Placebos sind, sind mittlerweile erdrückend. Ich weise hier zusätzlich auf eine große Metastudie aus dem Jahr 2022 hin, die zu diesem Ergebnis kommt. Laut einer weiteren Veröffentlichung aus dem Jahr 2022 hat sich herausgestellt, dass etablierte Theorien zum Serotoninhaushalt des Gehirns, mit denen die Anwendung von Antidepressiva bisher gerechtfertigt wurde, wissenschaftlich haltlos sind. In einem weiteren Artikel der Ausgabe 4/2022 des Psychotherapeutenjournals finden Sie eine deutschsprachige Kommentierung der beiden letztgenannten englischsprachigen Originalveröffentlichungen. Abschließend kann festgestellt werden, dass eine nennenswerte Wirksamkeit von Antidepressiva über die von reinen Placebos hinaus mittlerweile mehr als ausreichend widerlegt wurde.
Eine alleinige medikamentöse Behandlung ist auch deshalb kritisch zu sehen, weil diese nicht im Geringsten an den Ursachen und Auslösern ansetzt, deren Wirkung weiterhin bestehen bleibt. Andere Studien haben ergeben, dass regelmäßige Bewegung einen mindestens gleich großen Effekt hat (siehe z. B. Ärzte Zeitung). Das ist doch eine gute Nachricht: Sie als Betroffene/r können das nämlich selbst in die Hand nehmen, und zwar nebenwirkungsfrei! Bei der Motivation hierzu und natürlich allem Weiteren ist Ihnen Ihr(e) Therapeut/in gerne behilflich :-).
Das Wort „Trauma“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Verletzung“. Ein Trauma ist zunächst per Definition eine starke psychische Erschütterung, die durch ein bestimmtes Ereignis hervorgerufen wird. Ereignisse, die eine starke seelische Erschütterung auslösen können, sind z.B. ein Unfall, ein Überfall, eine Vergewaltigung, der Tod eines geliebten Menschen, eine Massenpanik, ein Erdbeben, ein Feuer oder auch länger andauernde Vorgänge wie Krieg oder fortwährender Missbrauch. Die geschilderten Ereignisse sind sehr unterschiedlich, da einige menschengemacht sind, andere von der Natur hervorgerufen, manche von kurzer Dauer sind, andere wieder lang anhaltend, einige materiellen oder körperlichen Schaden anrichten, und andere wiederum rein seelischer Natur sind. Solche Kategorisierungen helfen jedoch nur bedingt weiter, da es letztlich nur auf den resultierenden seelischen „Nachhall“ ankommt, der bei einer bestimmten Person entsteht, die dem Ereignis zumeist hilflos ausgesetzt war.
Den unterschiedlichen Ereignissen ist gemeinsam, dass diese sowohl verstörende Bilder im Kopf als auch dazugehörige Gefühle auslösen können, die betroffene Personen massiv überfordern und deren Leben schwer beeinträchtigen. Wenn solche Erinnerungen auf die Dauer nicht zu verarbeiten sind, spricht man von einer PTBS (Posttraumatische Belastungsstörung). Ähnlich wie bei Angststörungen versuchen Betroffene häufig, die als traumatisch erlebten Situationen zu vermeiden: z.B. fahren sie nach einem Unfall nicht mehr im Auto, betreten nach einem Überfall keine Bank mehr, ziehen um, wenn ihr Haus beim Erdbeben zerstört wurde, oder aber fliehen aus dem Krieg in ein anderes Land.
Während bei einigen Menschen ein bloßes Vermeidungsverhalten schon ausreicht, um sich nicht mehr an das Ereignis erinnern zu müssen, bleiben bei anderen die Bilder weiter ständig im Kopf. Sie haben dann Alpträume, plötzliche Erinnerungen („Flashbacks“) die durch ähnliche Situationen („Trigger“) ausgelöst werden, und leiden zudem unter zunehmenden Angstzuständen mit z.B. Schlafstörungen, hohem Blutdruck, erhöhter Reizbarkeit/Aggressivität oder auch erhöhter Wachsamkeit/Schreckhaftigkeit. Auch bei Menschen, die mit ihrem Vermeidungsverhalten zunächst vermeintlich erfolgreich waren, können die Gedanken an die Erlebnisse nach längerer Zeit wieder zurückkehren. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass es eine noch schwerwiegendere Traumafolgestörung gibt, die sogenannte „komplexe PTBS“, auf die ich wegen der Kürze des Textes hier aber nicht weiter eingehe. Ohne angemessene Behandlung kann eine PTBS über viele Jahre fortdauern. Durch eine rechtzeitige und geeignete Therapie kann jedoch eine deutliche Besserung oder sogar eine komplette Heilung der Symptome erreicht werden.
Auf die Frage, warum die eine Person eine PTBS entwickelt und eine andere bei gleichem Erleben nicht, hat die Wissenschaft (wenig überraschend) keine einfache Antwort zu bieten. Hilfreich sind in jedem Falle persönliche Ressourcen, wie ein starker Rückhalt von Bezugspersonen und ein gesundes Selbstwertgefühl. Aber auch dies reicht nicht in allen Fällen, um die erlebten Situationen und deren Folgen ohne professionelle Hilfe zu bewältigen. Dies ist übrigens kein Grund, sich zu schämen. Es kann wirklich jeden treffen!
Das Gute: Ich konnte in meiner Praxis schon vielen Menschen mit unterschiedlichen Ausprägungen von PTBS durch eine Kombination von Verhaltenstherapie und EMDR ganz entscheidend weiterhelfen. Da ich am Anfang dieser Seite schon ausführlich die kognitive Verhaltenstherapie beschrieben habe, möchte ich an dieser Stelle nur noch auf EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) eingehen.
Die EMDR-Methode wurde Ende der 80er Jahre von Dr. Francine Shapiro entwickelt und wird hauptsächlich bei posttraumatischen Belastungsstörungen, aber auch bei Ängsten, Phobien und Depressionen angewandt. Die Wirksamkeit von EMDR wurde in zahlreichen wissenschaftlichen Untersuchungen überzeugend verifiziert und EMDR ist als hochwirksame Methode zur Traumatherapie mittlerweile weltweit etabliert. Seit 2006 besteht eine wissenschaftliche Anerkennung durch den Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie als Methode für die Behandlung der posttraumatischer Belastungsstörung bei Erwachsenen, und seit 2014 ist die EMDR-Methode auch Bestandteil der Psychotherapie-Richtlinie. In einer EMDR-Sitzung werden Klienten auf behutsame Weise an ihre traumatischen Erlebnisse oder Ängste herangeführt, wobei sie mit ihren Augen periodischen Handbewegungen des Therapeuten folgen. So einfach die Methode zu beschreiben ist, so komplex sind die Versuche der wissenschaftlichen Erklärung ihres Wirkprinzips. Letzteres, die Wirkung, ist jedenfalls in vielen Fällen phänomenal, sie werden mühelos viele positive Berichte darüber im Internet finden.
Einige Klienten/innen haben mich verunsichert gefragt: „Kommen da nicht alte verdrängte Erinnerungen wieder hoch, die ich auf keinen Fall haben will?“ Die schlichte Antwort ist: NEIN. Bei EMDR wird sehr behutsam nur mit den Erinnerungen gearbeitet, die ohnehin schon da sind, es werden keine neuen provoziert oder „hochgeholt“. Die Methode erlaubt es, die bislang erstarrte emotionale Verarbeitung des Erlebten zu aktivieren und so die den Erinnerungen anhaftenden unangenehmen Emotionen nachhaltig zu verändern. Ein neue, deutlich weniger beschwerte Sichtweise auf das Geschehene stellt sich ein, ein „Loslassen“ wird so ermöglicht.
In meiner Praxis in Köln-Rodenkirchen wende ich zur Traumatherapie EMDR meist im Rahmen einer Verhaltenstherapie an. Es gibt jedoch auch klar umrissene Fälle, in denen nur eine einzige oder einige wenige EMDR Sitzungen ohne zusätzliche Therapie zum Erfolg geführt haben. Um dies und weitere Vorbedingungen zu klären, ist auf jeden Fall ein Vorgespräch nötig. Sprechen Sie mich darauf an!
Ein Text zum Thema Schmerzstörung ist in Planung.
Hier erscheint bald ein Text zur Therapie von Schlafstörungen.
Die am häufigsten vorkommenden Essstörungen lassen sich grob in zwei Kategorien unterteilen: Dies sind auf der einen Seite die Anorexia Nervosa (kurz AN, dt. Magersucht) und die Bulimia Nervosa (kurz BN, dt. Ess-Brech-Sucht), sowie auf der anderen Seite die Binge-Eating-Störung (kurz BES, dt. Esssucht, von engl. binge = Gelage). Die AN und BN zeichnen sich dadurch aus, dass ein Gewichtsverlust, bzw. die Angst vor Gewichtszunahme im Fokus stehen, während bei der BES ein bereits erhöhtes Körpergewicht bis hin zur Adipositas das Problem darstellt.
Man kann sich fragen, warum Essstörungen zu den psychischen Erkrankungen gehören, wo es sich doch scheinbar um ein Problem mit dem Gewicht und damit um eine körperliche Problematik handelt. Der Grund ist, dass die körperliche Problematik zwar das vorrangig sichtbare Symptom ist, die Ursachen und Auslöser der Erkrankungen jedoch im psychischen Bereich liegen. Wie die deutschen Übersetzungen klar zeigen, handelt es sich bei den Essstörungen um eine Suchtproblematik und diese hängt mit unserem emotionalen und motivationalen System zusammen. Wie bei den körperlichen Symptomen – AN und BN gehen mit Gewichtsverlust einher, die BES jedoch mit Gewichtszunahme – unterscheiden sich die Essstörungen erheblich bezüglich ihres jeweiligen motivationalen Hintergrunds. Die zugrundeliegende Motivation ist schließlich auch der Dreh- und Angelpunkt bei der Therapie von Essstörungen.
Bei einer Magersucht (AN) oder einer Ess-Brech-Sucht (BN) besteht das Ziel der Betroffenen darin, an Gewicht zu verlieren bzw. nicht zuzunehmen. Das dahinter liegende Motiv ist meist „etwas in meinem Leben unter Kontrolle zu haben“. Hinzu kommt der Wunsch, eigene, sowie auch medial vermittelte Idealbilder „wie wir auszusehen haben“, verwirklichen zu wollen. Von der Umgebung wird dies in der Anfangsphase oft bestätigt („Du hast aber schön abgenommen“). Betroffene kommen daher zunächst nicht aus eigenem Antrieb, da sie ja ihre Ziele durch das gestörte Essverhalten, z. B. immer weniger zu essen oder nach dem Essen zu erbrechen, ja zumindest vorübergehend erreichen. Erst wenn die „Kosten“ des gestörten Essverhaltens zu hoch werden, kann mit einer Einsicht in Bezug auf eine Verhaltensänderung gerechnet werden. Komplett anders verhält es sich dagegen bei der Binge-Eating-Störung (BES): Bei einer BES sind Heißhunger und Essattacken, die subjektiv nicht mehr zu stoppen sind, das maßgebliche Symptom. Hier stehen Schuldgefühle, Versagensgefühle und ein gemindertes Selbstwertgefühl im Vordergrund. Bei einer BES gibt es deshalb fast nie das Problem der mangelnden Einsicht. Die Klienten/innen wollen nicht weiter zunehmen und sind sich der „Kosten“ ihres Verhaltens voll bewusst.
Die gesundheitlichen „Kosten“ können bei allen drei geschilderten Varianten von Essstörungen sehr hoch werden: Bei einer länger andauernden Magersucht (AN) sind dies z. B. das Ausbleiben der Menstruation bei Frauen sowie Libidoverlust bei beiden Geschlechtern; zunehmende flaumartige Behaarung an Armen, Beinen und im Gesicht; ständiges Frieren (auch im Sommer); depressive Symptome wie Antriebslosigkeit, Freudverlust, Rückzug und Selbstzweifel; Herzrasen bis letztlich zum Versagen wichtiger Organe. Eine Ess-Brech-Sucht (BN) unterscheidet sich von einer Magersucht nach der Definition dadurch, dass das Gewicht der Betroffenen noch im Normalbereich liegt. Hier liegen die „Kosten“ bei den durch die Magensäure ausgelösten Problemen, welche zu Zahnverlust oder auch zu Speiseröhrenkrebs führen können. Auch bei einer Binge-Eating-Störung (BES) können hohe „Kosten“ entstehen: Abgesehen von den mit einer Fettleibigkeit verbundenen Selbstwertproblemen muss mit längerfristigen körperlichen Problemen, wie beispielsweise Diabetes oder kardiovaskulären Erkrankungen gerechnet werden.
Bei allen Essstörungen ist das Bedürfnis nach Kontrolle ein wichtiges Motiv, allerdings in unterschiedlichen Ausprägungen:
Bei AN und BN wird dieses Motiv durch das gestörte Essverhalten zunächst befriedigt, bei BES wird es
nie befriedigt und erscheint auch nicht erreichbar. Dieser Unterschied in der Motivation ist ein wichtiger Faktor bei einer
Therapie von Essstörungen (und letztlich aller Suchterkrankungen). In diesem Zusammenhang gibt es zwei Kardinalfragen:
1. Möchte ich überhaupt etwas an meinem Verhalten ändern? Sehe ich das jetzt als notwendig an?
2. Traue ich mir zu, etwas zu ändern? Habe ich die Mittel dazu?
Die erste Frage ist meist bei AN und BN kritisch: Wie oben beschrieben wurde, erreichen Betroffene ja vorübergehend
ihr Wunschziel. Dabei werden sie oft sogar vom Umfeld bestätigt und es besteht zunächst wenig Motivation, das Essverhalten zu ändern.
Wir kennen dies von anderen Suchterkrankungen: „Vier Stunden am Tag im Internet zu daddeln ist doch normal. Das machen viele.“
Oder z. B. auch: „Ein Feierabendbierchen trinkt doch jeder.“ Bei BES ist die erste Frage meist kein Problem.
Hier ist vielmehr die zweite Frage der Knackpunkt: Es besteht bei Betroffenen der dringende Wunsch, ihr Verhalten zu ändern,
sie trauen es sich aber nicht zu. Hier ist die Situation analog zu einem einsichtigen Raucher, der schon einige Versuche zum Rauchstopp
unternommen hat, und bisher leider damit gescheitert ist, oder der es aus vorauseilender Resignation gar nicht erst wirklich versucht hat.
In einer Therapie ist der beschriebene Motivationsunterschied entscheidend, da es darum geht, die Klienten/innen da abzuholen, wo sie stehen: Haben Sie keine oder nur eine vage Ahnung, dass Ihr Essverhalten nicht hilfreich ist? Oder sind Sie sich ihrer Probleme voll bewusst, haben aber „nur“ keinen Plan, wie Sie Ihr Verhalten nachhaltig ändern können? Insbesondere bei der AN ist die Problematik der mangelnden Einsicht oft zentral. Bei noch weitgehend fehlender Einsicht und je nach körperlichem Zustand kann es angesichts möglicher Gesundheitsgefahren auch dringend geboten sein, einen Klinikaufenthalt vorzuziehen, bevor danach in einer ambulanten Therapie weitergearbeitet wird. Natürlich geht es in einer Therapie nicht einfach um ein Abstellen des problematischen Essverhaltens im Sinne einer oberflächlichen „Entstörung“! Im Gegenteil, wir werden je nach Bedarf auch sehr viel Zeit auf Ihre tieferen individuellen und biografischen Zusammenhänge verwenden, die das problematische Essverhalten begünstigt und aufrechterhalten haben.
Im Rahmen meiner therapeutischen Tätigkeit konnte ich schon vielen Klienten mit Essstörungen erfolgreich helfen. Während meiner Tätigkeit in der Uniklinik Köln hatte ich zudem die Möglichkeit, ein mehrwöchiges Seminar bei einer Ökotrophologin zu besuchen, und kenne mich daher sehr gut mit dem Dreiklang „Essen-Körper-Psyche“ aus.
Einführung
Bitte beachten Sie, dass der folgende Abschnitt mit Absicht allgemein verständlich und extrem vereinfachend abgefasst ist und somit keinen wissenschaftlichen Standards genügt. Der Text dient lediglich einer groben Orientierung und es sollten keine wichtigen Lebensentscheidungen davon abhängig gemacht werden. Suchen Sie bitte im Zweifel immer das direkte Gespräch mit einem speziell ausgebildeten Arzt oder Psychotherapeuten. Er/sie wird Ihnen aufmerksam und empathisch zuhören und Ihnen gerne weiterhelfen!
Ich habe mich entschieden, hier etwas zu den Themen Schizophrenie und bipolare Störung zu schreiben, weil diese psychischen Erkrankungen aus mehreren Gründen aus der Reihe fallen. Während bei den meisten anderen der hier abgehandelten Störungen wie z.B. Ängsten, Zwängen oder depressiven Episoden keine körperliche Ursache vorliegt, so sind die hier abgehandelten Erkrankungen definitiv körperlich (mit-)bedingt. Aus diesem Grunde spricht man auch von sogenannten „psychiatrischen Erkrankungen“, die primär von ärztlichen Kollegen medikamentös behandelt werden müssen und bei denen der Psychotherapie eine sekundäre, aber dennoch sehr wichtige, nachbetreuende Rolle zukommt. Ein weiterer Unterschied besteht in der Schwere der Symptome, die für viele erschreckend ist und die oft ein umgehendes und professionelles Eingreifen erfordert, um Schlimmeres zu verhindern. Gerade aus diesem Grunde bestehen viele Berührungsängste, Tabuisierungen und Stigmatisierungen, die weder den Betroffenen noch ihrer Umgebung nützlich sind. Dies geht so weit, dass sogar psychotherapeutische Kollegen Berührungsängste mit entsprechenden Patienten haben können und sich nicht gut mit dem Thema auskennen. Das ist sehr Schade, weil es sich bei den betroffenen Personen um Menschen wie du und ich handelt, denen genau so wie bei allen anderen psychischen Störungen gut geholfen werden kann. Deswegen ist es mein Ziel, dabei mitzuhelfen, diese Tabuisierungen durch Information und Aufklärung aufzubrechen, Berührungsängste zu nehmen und (gut begründete!) Hoffnung zu machen. Zu guter Letzt möchte ich noch erwähnen, dass es sich bei der Schizophrenie und der bipolaren Störung um gar nicht so seltene psychische Erkrankungen handelt, die weltweit und kulturunabhängig jeweils etwa 1% der Bevölkerung betreffen.
Schizophrenie
Das Thema Schizophrenie möchte ich mit einer Frage einleiten: „Was stellen Sie sich unter dem Begriff Schizophrenie vor?“ Diese Frage habe ich meinen Studierenden in jedem Semester gestellt und die häufigsten Antworten waren sinngemäß: „Da leben zwei Persönlichkeiten in einem Menschen und die eine Persönlichkeit weiß nicht, was die andere tut.“ Viele Menschen haben dabei ein Bild von einem „Dr. Jekyll und Mr. Hyde“-Syndrom im Kopf und sind der Meinung, dass man sich auf jeden Fall vor einem Menschen mit Schizophrenie fürchten oder sich zumindest davon fernhalten müsse. Hierzu ist festzustellen: Weit gefehlt! Schizophrenie hat mit den oben genannten landläufigen Meinungen kaum etwas zu tun und wird aus Unwissenheit mit allerlei wild sprießenden Vorurteilen belegt, die weder den Betroffenen noch ihrer Umwelt nützen. Hier ist noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten, die mir sehr am Herzen liegt und die ich immer wieder gerne annehme.
Der Begriff Schizophrenie stammt, wie die meisten Krankheitsbezeichnungen, aus dem Griechischen und bedeutet tatsächlich „gespaltene Seele / Geist“. Diese Spaltung findet allerdings nicht innerhalb einer Person, sondern zwischen der Wahrnehmung der betroffenen Person und der Realität statt. Bis heute sind die Ursachen einer Schizophrenie nicht vollständig geklärt, aber es wird aus guten empirischen Gründen häufig das sog. „Vulnerabilitäts-Stress-Modell“ angewandt: Dabei gibt es eine angeborene Veranlagung / Empfänglichkeit, die erst im Zusammenspiel mit weiteren äußeren Stressfaktoren zu den typischen Symptomen einer Schizophrenie führt. Diese Symptome sind wahnhaftes Erleben sowie Halluzinationen der verschiedenen Sinne (Stimmen hören, optische Täuschungen, „faule“ Gerüche und Geschmäcker, körperliche Empfindungen (z.B. Kribbeln am ganzen Körper)) und in der Folge meist subjektiv sehr bedrohliche Erklärungsmodelle für diese beunruhigenden Wahrnehmungen. Dadurch kommt es bei den Betroffenen zu gesteigerten Ängsten und Bemühungen, mit diesen vermeintlichen Bedrohungen umzugehen. Die Anstrengungen, in diesem Labyrinth aus subjektiven Wahrnehmungen und Gedanken zurechtzukommen, wirken auf Außenstehende zunehmend absurder und stoßen verständlicherweise auf Befremden und Ablehnung. Den Betroffenen selbst erscheinen ihre Gedanken und Handlungen hingegen als absolut sinnvoll und notwendig, da sie vermeintlich der einzige Ausweg aus ihrer äußerst unangenehmen Situation sind. Letztlich führt dies oft zu einem Zustand umfassender Erschöpfung und Verzweiflung.
Nach meiner Erfahrung gibt es auf der Inhaltsebene meist einen Zusammenhang zwischen den Symptomen und der Vita der Betroffenen: Beispielsweise hatte ein in jungen Jahren aus Kasachstan emigrierter Patient die Vorstellung, vom KGB abgehört zu werden. Ein Patient, dessen Eltern einer Sekte angehörten, hatte religiöse Wahnideen. Und eine Patientin, die von der „Fürsorge ihrer Mutter erdrückt“ wurde, hatte ein lebhaftes körperliches Empfinden, im Bett „wie in einem echten Grab“ zu liegen. Der Vielfalt und der bizarren Verstiegenheit solcher inneren Erlebnisse sind keine Grenzen gesetzt, die obigen Schilderungen dienen nur als Beispiel.
Meistens beginnt die Erkrankung mit einer eher depressiv anmutenden Phase. Hierbei treten Symptome wie gesteigertes Misstrauen, sozialer Rückzug und eine auffällige Schweigsamkeit auf. Diese Phase gleicht der bekannten „Ruhe vor dem Sturm“, in der die Betroffenen ihre Symptome, „Erkenntnisse“ und „Offenbarungen“ selbst noch nicht so richtig einordnen können, unter starken Konzentrationsproblemen leiden und versuchen, alleine damit klar zu kommen. Danach beginnt dann die sog. „Positiv-Symptomatik“, wobei sich Halluzinationen und Wahnideen verstärkt ausbilden und die Betroffenen dann nach außen sichtbar darauf reagieren. Dieses Verhalten kommt dann den Angehörigen oft „äußerst befremdlich“ vor und sie berichten dann, dass er/sie „nur mehr wirres Zeug redet und nicht mehr wiederzuerkennen ist“. Manchmal können Betroffene auf ihr Umfeld den Eindruck eines Größenwahns erwecken oder in sehr seltenen Fällen sich so extrem bedroht und verfolgt fühlen, dass sie tatsächlich gefährlich werden. Leider sind diese sehr seltenen Fälle oft Gegenstand von schlecht recherchierten und reißerischen Medienberichten / Verfilmungen, wodurch dann Stigmatisierungen und Tabuisierungen angefacht werden, die unnötigerweise zusätzliches Leid erzeugen.
Aus diesem Grund ist mir ein offener, enttabuisierender und zeitgemäßer Umgang mit dieser Erkrankung so wichtig. Hierzu ist es auch nötig, der beinahe mittelalterlich anmutenden Unkenntnis bezüglich der Schizophrenie in der Gesellschaft entgegenzuwirken und weitere Aufklärungsarbeit zu leisten. Bitte bedenken Sie: Wenn auch „nur“ 1% der Bevölkerung im Laufe ihres Lebens von dieser Erkrankung betroffen ist, so bedeutet dies beispielsweise im Falle Kölns, dass dies alleine dort schon etwa 10 000 Menschen betrifft. Es ist also nicht unwahrscheinlich, dass Sie jemanden kennen, der mit Schizophrenie zu tun hat(te). Erste Anzeichen treten bei männlichen Patienten oft in der Pubertät (mit ca. 16/17 Jahren) auf, bei weiblichen etwas später (mit ca. 20-23 Jahren).
Wahrscheinlich wird es Sie interessieren, wie Betroffenen geholfen werden kann: Mit einer Kombination aus psychiatrischen und psychotherapeutischen Maßnahmen sind im Allgemeinen sehr gute Erfolge zu erzielen. Da eine schizophrene Erkrankung – wie eingangs bereits kurz erwähnt – eine organische Komponente hat, ist eine psychiatrisch-medikamentöse Behandlung unumgänglich. Diese muss stationär in einer spezialisierten psychiatrischen Einrichtung erfolgen. Hierbei werden sog. Neuroleptika / Antipsychotika gegeben, die vorrangig gegen die „Positiv-Symptome“, wie Halluzinationen, Denkstörungen etc. wirken. Nachdem die Wirkung der Medikamente eingetreten ist, ist eine ambulant durchgeführte nachsorgende Psychotherapie für einen dauerhaften Heilungserfolg wichtig. Zum einen kann eine Psychotherapie wirksam dabei helfen, den Stresslevel im Leben der Betroffenen zu senken und den Umgang mit der Erkrankung im Alltag zu meistern. Hierbei spielen auch die Selbstbeobachtung und die Rückfallprophylaxe eine wichtige Rolle. Eine weitere wichtige Komponente der Psychotherapie ist die sog. Psychoedukation, womit die Krankheitsaufklärung bei den Betroffenen aber auch genauso bei den Angehörigen bezeichnet wird. Viele Eltern, Freunde und Partner verstehen nämlich oft nicht „was plötzlich mit ihm/ihr los ist“ und wie sie sich „richtig verhalten“ sollen. Auch hierbei kann ich sehr gut aufklären und weiterhelfen. Insgesamt lässt sich sagen, dass es meinen Schizophrenie-Patienten in den meisten Fällen gut gelungen ist, entweder wieder vollständig in ihr altes Leben zurückzufinden, oder aber eine gute Stabilisierung ihres Zustands im Rahmen eines neuen Lebensentwurfs zu erreichen.
Bipolare Störung
Bei der bipolaren Störung, die früher auch manisch-depressive Störung genannt wurde, handelt es sich um einen periodischen Wechsel zwischen Phasen extremer Manie / Euphorie und Phasen extremer Niedergeschlagenheit / Depression. Ähnlich wie bei der Schizophrenie (siehe oben) kursieren viele Klischees bezüglich der bipolaren Störung. So hört man oft die Bemerkung „Der ist wohl manisch-depressiv“ wenn sich die Stimmungslage einer Person innerhalb von Stunden oder Tagen stark ändert. Im Rahmen einer manisch-depressiven Erkrankung gibt es jedoch ein solch schnelles Abwechseln der Stimmungslage eher selten. Vielmehr sind Zeiträume von Monaten oder sogar Jahren charakteristisch für die auftretende Periodendauer. Zugleich wissen nur wenige, dass es sich bei der bipolaren Störung um eine der am schwierigsten zu diagnostizierenden psychischen Erkrankungen handelt, die andererseits aber das höchste Suizidrisiko birgt. Um diese scheinbar widersprüchlichen Sachverhalte zu erklären, ist es hilfreich, zuerst auf die zwei verschiedenen Typen der Erkrankung einzugehen.
Es gibt die Erkrankung in den Ausprägungen des Typs Bipolar-I und Bipolar-II. Beim „klassischen“ Typ Bipolar-I ist die manische Phase extrem ausgeprägt, was sich in leicht erkennbarem Verhalten von extremer Euphorie, auffälliger Exaltiertheit, nicht endender Aktivität, sprühender Kreativität, überbordendem Ideenreichtum aber auch extremer Selbstüberschätzung bis hin zur leichtsinnigen Selbstgefährdung äußert. Es kommt nicht selten vor, dass in solchen manischen Phasen durch unüberlegtes Handeln Gesundheit, Beziehungen und Existenzen zerstört werden. Hinter manchem reißerischen Medienbericht über menschliche Tragödien – sei es bei Prominenten oder auch Normalbürgern – verbirgt sich die manische Episode einer oft unerkannten Bipolar-I Erkrankung. Ganz charakteristisch ist in manischen Phasen des Typs I auch ein geringes bis gar nicht mehr vorhandenes Schlafbedürfnis. Beim Typ Bipolar-II tritt die manische Phase als sog. Hypomanie in gebremster bzw. „zivilisierter“ Form auf, die auf den ersten Blick oft nicht so gut zu erkennen ist. Betroffene Personen können in dieser Phase sehr produktiv, dynamisch, inspiriert und innovativ wirken, sodass man schnell den Eindruck bekommt, dass man sich von so jemandem gerne „eine Scheibe abschneiden“ würde, und dass man selbst auch gerne einmal so energiegeladen wäre. Erst bei näherem und längerem Hinsehen könnte man erkennen, dass die Person in ihrem Denken sehr zerfahren ist und "ganz schön neben der Spur" läuft. Auch hier ist ein sehr geringes Schlafbedürfnis charakteristisch.
Warum ist also eine bipolare Störung so schwer diagnostizierbar? Zum einen wurde schon angedeutet, dass nicht jede Phase auffällig sein muss, wie beim Typ Bipolar-II in der hypomanischen Phase. Ebenso gibt es sog. Mischphasen oder sogar „Ruhepausen“ an denen keiner der beiden Pole deutlich zutage tritt. Noch deutlicher wird das Problem, wenn man es aus der Sicht eines Arztes oder Therapeuten sieht und dabei die beiden Phasen unabhängig von Typ I oder Typ II logisch durchgeht: Befindet sich ein Betroffener in der manischen Phase wird er in keinem Falle einen Therapeuten aufsuchen, da es ihm ja gerade subjektiv phantastisch geht. Er hat schlicht keinen Grund! Anders verhält es sich in der depressiven Phase: Hier wird des Öfteren ein Arzt aufgesucht, der dann möglicherweise ein Antidepressivum verschreibt, da er ja in der Tat einen hochdepressiven Patienten vor sich hat. Ist der Betroffene jedoch bipolar, kann die Verschreibung eines Antidepressivums fatal sein: Zum einen wird die wirkliche Krankheit (wieder einmal) nicht diagnostiziert, zum anderen kann das Verschreiben eines Antidepressivums in Unkenntnis der Sachlage je nach Phasenlage kontraproduktiv und sogar extrem gefährlich sein. Auch das Erkennen der depressiven Phase selbst kann schon schwierig sein, da diese Phase nicht immer durch die typischen Symptome einer klassischen Depression gekennzeichnet ist, sondern beispielsweise durch ein lang anhaltendes pathologisch übersteigertes Schlafbedürfnis.
Sie sehen also, dass das Erkennen einer bipolaren Störung ein schwieriges Unterfangen ist. Ich hatte schon einige Patienten, denen vom Hausarzt ein Antidepressivum verschrieben wurde und die sich später als eindeutig bipolar herausstellten. Die wirklich wichtigen Fragen, die an Menschen in einer depressiven Episode gerichtet werden müssen, sind also: „Haben Sie solche Phasen schon einmal erlebt? Was war dazwischen? Ist es Ihnen dazwischen auch mal so richtig, richtig gut gegangen?“ Wird dies bejaht, muss gezielt weiter gefragt werden und bei erhärtetem Verdacht eine gezielte Diagnostik in einer spezialisierten Einrichtung empfohlen werden. Leider geschieht das zu selten. Es können so oft viele Jahre oder gar Jahrzehnte vergehen, bis eine vorliegende bipolare Störung richtig diagnostiziert wird, wenn überhaupt. Leider kommt nicht selten ein Suizid einer korrekten Diagnose zuvor. Um dem vorzubeugen ist ähnlich wie bei der Schizophrenie eine zeitgemäße Krankheitsaufklärung und Sensibilisierung in der Bevölkerung – insbesondere auch in der Ärzteschaft – dringend nötig.
Die Behandlung erfolgt ähnlich wie bei der Schizophrenie durch Medikamentengabe. Auch hier ist eine psychotherapeutische Betreuung zum Umgang mit der Erkrankung und zur Stabilisierung des Behandlungserfolgs von großer Bedeutung. Trotz der potentiellen Schwere der Erkrankung sind die Heilungsaussichten erstaunlich gut, sofern eine Krankheitseinsicht und eine Bereitschaft zur kontinuierlichen Medikamenteneinnahme besteht.